In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte der Premierminister die geplanten Maßnahmen zur Reform der Rentenversicherung und den Kollektivvertragsverhandlungen an. Konkret geht es um die Verlängerung der Versicherungszeiten, die erforderlich sind, um eine vorzeitige Altersrente beziehen zu können. Ohne hier näher auf die vorgeschlagenen Maßnahmen eingehen zu wollen, was aufgrund der vagen Äußerungen des Premierministers auch nicht möglich ist, lassen sich bereits jetzt mehrere Feststellungen treffen.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen berücksichtigen weder das umfangreiche Dossier, das die Gewerkschaften OGBL und LCGB der Ministerin für soziale Sicherheit bei ihrem Treffen am 9. Oktober 2024 übergeben haben, noch die Vorschläge, die von den Teilnehmern der Konsultation „Schwätz mat!“ vorgebracht wurden.
Bis heute gab die Ministerin weder Antworten noch nahm Sie Stellung zu den verschiedenen Vorschlägen, die die Gewerkschaften vorgelegt haben, um unsere Rentenversicherung langfristig zu sichern und für die Herausforderungen der kommenden Jahre zu rüsten.
Angesichts der aktuellen Lage ist es mehr als offensichtlich, dass die breite öffentliche Konsultation nur ein einziges Ziel hatte: die Gewerkschaften außer Gefecht zu setzen, die einer Reform, die weder Hand noch Fuß hat und vor allem die Zukunft der jungen Generationen gefährdet, im Wege stehen.
Damit wird eine wesentliche Säule der Sozialpolitik im Bereich der Renten vollständig umgestürzt. Ein Arbeitnehmer, der eine 40-jährige Beitragszeit vorweisen kann und somit ab dem 57. Lebensjahr in den Vorruhestand gehen konnte, muss je nachdem 45 Jahre arbeiten und sein Renteneintrittsalter wird auf 62 Jahre angehoben. Diese Politik ist inakzeptabel und unzulässig und hat nichts mehr mit den wesentlichen Elementen der sozialen Gerechtigkeit zu tun, für die sich die Gewerkschaften seit ihrer Gründung einsetzen.
Auch hinsichtlich einer möglichen Reform der Kollektivverträge bleibt die Lage unklar. Den Äußerungen des Premierministers, wonach die Gewerkschaften das ausschließliche Recht zur Aushandlung und Unterzeichnung von Kollektivverträgen behalten sollen, steht die Ankündigung gegenüber, dass auch Vereinbarungen zwischen einem Arbeitgeber und einer Personalvertretung geschlossen werden könnten.
Der Premierminister scheint auch nicht in der Lage zu sein, einen Konflikt zu entschärfen, der im Oktober 2024 von seinem Arbeitsminister ausgelöst wurde, und dies trotz 5 Treffen der Sozialrunde am 18. Oktober 2024, 14. Januar 2025, 14. März 2025, 26. März 2025 und 8. Mai 2025.
Ein weiterer Aspekt der Regierungspolitik im Rahmen des „neuen Sozialdialogs“ besteht darin, dass die Gewerkschaften OGBL und LCGB nach den verschiedenen Gesprächen systematisch keinerlei Rückmeldung mehr erhalten.
Das „Feedback“ erfolgt durch die Rede des Premierministers oder durch mehr oder weniger lautstarke Ankündigungen des Premierministers oder eines Ministers in der Presse.
Hinzu kommt, dass der Premierminister den Antrag der Gewerkschaften auf eine Tripartite zur Reform der Rentenversicherung per Brief abgelehnt hat.
Angesichts dieser mangelnden Ernsthaftigkeit, um nicht zu sagen Missachtung, die der Premierminister gegenüber den Gewerkschaften OGBL und LCGB und ihren rund 125.000 Mitgliedern an den Tag legt, hatten die beiden Gewerkschaften keine andere Wahl mehr.
Im Rahmen einer Pressekonferenz und mit einem Schreiben vom 23. Mai 2025 haben OGBL und LCGB den Premierminister darüber informiert, dass die beiden Gewerkschaften unter den gegebenen Umständen nicht mehr bereit sind, an Sitzungen der Sozialrunde oder des Ständigen Ausschusses für Arbeit und Beschäftigung (CPTE) teilzunehmen, solange die Regierung den seit ihrem Amtsantritt eingeschlagenen „Dialog mit tauben Ohren“ fortsetzt. Angesichts der Schwere der Angriffe der Regierung auf den nationalen Sozialdialog sehen wir uns derzeit nicht in der Lage, im Wirtschafts- und Sozialrat (CES) Stellungnahmen abzugeben. Was die Rentenreform und die verschiedenen Arbeitsgruppen zur Nationalen Gesundheitskasse (CNS) betrifft, werden OGBL und LCGB nicht mehr an isolierten Gesprächen mit der Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit teilnehmen.
Die Gewerkschaftsfront OGBL-LCGB fordert den Premierminister auf, den tripartiten Koordinierungsausschusses einzuberufen, um einen qualitativ hochwertigen Austausch zu dritt zu führen und gemeinsam einen umfassenden Konsens über die Rentenreform, die finanzielle Tragfähigkeit der CNS, den Sozialdialog, das Arbeitsrecht (insbesondere das Gesetz über kollektive Arbeitsbeziehungen, Sonntagsarbeit und Öffnungszeiten) und die Steuerreform zu erzielen.
Es ist festzustellen, dass der amtierende Premierminister, im Gegensatz zu seinen Vorgängern Jean-Claude JUNCKER und Xavier BETTEL, nicht auf das seit mehr als 5 Jahrzehnten bewährte tripartite Modell setzt, das es ermöglicht hat, verschiedene Krisen zu überwinden.
Die Politik von Premierminister Luc FRIEDEN ist vor allem durch Alleingänge und einem für einen Premierminister, der die Angelegenheiten „wie ein guter Familienvater“ führen sollte, inakzeptablen Arbeitgeberansatz geprägt.
Dieser Ansatz lässt sehr zu wünschen übrig, da der Premierminister durch sein unberechenbares Handeln viele künstliche oder völlig überflüssige Probleme schafft.
Der Premierminister, seine Regierung und die Mehrheitsabgeordneten müssen sich nun ihrer Verantwortung stellen und können sich nicht länger hinter dem Alibi eines Sozialdialogs ohne jegliche Substanz verstecken.
Die Gewerkschaftsfront OGBL-LCGB ist sich ebenfalls ihrer Verantwortung bewusst und verteidigt das Sozialmodell sowie die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln.
Den Auftakt bildet die große nationale Demo am 28. Juni 2025, die nur der Anfang unserer gemeinsamen Aktion sein wird!
Patrick DURY
Nationalpräsident des LCGB

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