Liberalisierung der Öffnungszeiten: Arbeitnehmer und ihre Familien sind Opfer eines weiteren Angriffs der Regierung

Wirtschaftsminister Lex Delles hat kürzlich angekündigt, dass er einen Gesetzentwurf zur Reform der Öffnungszeiten im Einzelhandel und im Lebensmittelhandwerk eingereicht hat. Obwohl es nicht offen ausgesprochen wird, strebt die Regierung eine fast vollständige Liberalisierung der Öffnungszeiten – und damit auch der Arbeitszeiten des Personals in den betroffenen Unternehmen – an.

Im Klartext bedeutet dies, dass die Regierung plant, die bei weitem liberalsten Öffnungszeiten in der gesamten Großregion einzuführen:

  • Allgemeine Öffnungszeiten von 5.00 Uhr morgens bis 22.00 Uhr an Wochentagen, von 5.00 Uhr bis 19.00 Uhr an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen.
  • Von den 11 Feiertagen wird die Schließungspflicht nur an drei spezifischen Feiertagen (1. Januar, 1. Mai, 25. Dezember) beibehalten.
  • Diese neue Kategorisierung der Feiertage in 8 Werktage und 3 arbeitsfreie Tage wird auch zu zwei Kategorien von Feiertagsvortagabenden führen: Öffnung bis 19.00 Uhr für die Vortage von Werktagen und bis 18.00 Uhr für arbeitsfreie Feiertage. In Bezug auf Feiertage gibt es also vier mögliche Szenarien in den Plänen des Ministers.
  • Die Möglichkeit, 24 Stunden lang zu öffnen, wird von einmal auf zweimal pro Jahr verdoppelt.

Nach der geplanten Ausweitung der Sonntagsarbeit von 4 auf 8 Stunden stellt diese extreme Ausweitung der Öffnungs- und Arbeitszeiten einen großen sozialen Rückschritt dar, da sie für die 50.000 betroffenen Arbeitnehmer jegliches Familien- und Privatleben zerstören wird.

Beide Reformen stehen in krassem Widerspruch zu der von LISER durchgeführten und vom Ministerium für Mittelstand 2018 in Auftrag gegebenen Studie über die Auswirkungen einer möglichen Liberalisierung der Öffnungszeiten, die als Grundlage für eine Reform des gesetzlichen Rahmens dienen sollte. Die Studie ergab, dass die überwältigende Mehrheit der Beschäftigten im Handel es vorzieht weder sonntags noch spät abends zu arbeiten. Die Studie ergab auch, dass eine Liberalisierung große Unternehmen auf Kosten kleinerer Unternehmen begünstigt und die Probleme der Attraktivität kleiner Handwerksbetriebe und Händler verschärft.

In einem Sektor mit einem hohen Anteil an Frauen, darunter viele Alleinerziehende und abhängig von Arbeitskräften aus dem Ausland, wird diese Ultraflexibilisierung der Arbeitszeiten die bereits bestehenden Phänomene des Personalmangels verschärfen und sicherlich nicht die Attraktivität dieser Berufe steigern.

Durch die Genehmigung von Sonntagsöffnungen bis 14 Stunden wird die Sonntagsarbeit für die Beschäftigten in diesem Sektor de facto zu einer Pflicht. Die Pläne in Bezug auf Feiertage sind noch katastrophaler: Nicht nur, dass die Arbeitnehmer in diesem Sektor gezwungen werden, an acht Feiertagen im Jahr zu arbeiten. Die Schaffung von zwei Kategorien von Feiertagen für den Einzelhandel könnte ein erster Schritt in Richtung einer allgemeinen Erhöhung der Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer sein.

Darüber hinaus lässt dieses Reformprojekt nichts Gutes für die anderen Reformprojekte der Regierung zur „Modernisierung“ der Arbeitszeit erwarten. Alle Initiativen, die die Regierung bislang tröpfchenweise enthüllt hat, stellen nichts anderes als Rückschritte für die Arbeitnehmer dar. Noch schlimmer ist, dass die Regierung einen Anreiz nach dem anderen zurücknimmt, der die Unternehmen noch motivieren könnte, Kollektivverträge auszuhandeln.

Um diese Agenda umzusetzen, wendet die Regierung eine Salamitaktik bei allen Fragen an, die mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und ihrer Familien zu tun haben. Anstatt diese Fragen im Rahmen des Ständigen Ausschusses für Arbeit und Beschäftigung (CPTE) zu verhandeln, umgeht die Regierung aktiv diese Triparite-Institution und die Gepflogenheiten des Sozialdialogs in Luxemburg und stellt die Sozialpartner vor vollendete Tatsachen, während sie eine rein arbeitgeberorientierte Position einnimmt.

Dieser neue Angriff auf die Arbeitsbedingungen ist eine weitere schwarze Episode in dem Frontalangriff der Regierung auf den Sozialdialog und die Tarifverhandlungen. Aus diesem Grund haben die beiden Gewerkschaftsorganisationen LCGB und OGBL ein Schreiben an den Premierminister gerichtet, in dem sie ihn vor den Konsequenzen für das Luxemburger Sozialmodell warnen. In Erwartung einer offiziellen Stellungnahme der Regierung werden LCGB und OGBL bereits jetzt damit beginnen, die Arbeitnehmer des Sektors zu mobilisieren und die ersten gewerkschaftlichen Aktionen gegen die vollständige Liberalisierung der Öffnungszeiten zu starten.

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