Diese Ausgabe des „Soziale Fortschrëtt“ steht ganz im Zeichen des hundertjährigen Bestehens des LCGB und erscheint deshalb im Format der allerersten Ausgabe mit dem ursprünglichen Einführungsartikel vom 1. November 1920. Tatsächlich wurde mit dem Gründungskongress vom 23. Januar 1921 der Grundstein für unsere gewerkschaftliche Organisation gelegt.
Die Entstehung des LCGB beruhte auf den neu entstandenen Bedürfnissen der Arbeitnehmer unseres Landes, die nach dem Ersten Weltkrieg und mit dem Ende der deutschen Besatzungszeit von 1914 bis 1918 zwar ihre Freiheit wiedererlangt hatten, aber die Arbeits- und Lebensbedingungen für die meisten Beschäftigten schwierig und prekär waren.
Gewerkschaften, einschließlich des LCGB, wurden gegründet, um die Arbeitsbedingungen und die Kaufkraft zu verbessern sowie eine echte Sozialversicherung für die Arbeitnehmerschaft zu schaffen.
Rückblickend ist die Bilanz beeindruckend, unsere Kranken- und Mutterschaftsversicherung, die staatliche Rentenversicherung, die Pflegeversicherung und verschiedene andere Sozialleistungen wie Familienbeihilfen sind ein Beweis dafür, dass sich dieses Engagement für die Beschäftigten ausgezahlt hat.
Der Einsatz im Herzen der Unternehmen ermöglichte die Einrichtung von Personalvertretungen und die Aushandlung von Kollektivverträgen, die die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung sukzessive verbessert haben. Das Engagement und die Entwicklung des LCGB brachte großen Erfolg. Der LCGB ist heute eine Gewerkschaft, die anlässlich zahlreicher Sozialwahlen die nationale Repräsentativität erlangt hat und ein wichtiger Akteur beim nationalen Sozialdialog ist, sowohl auf dreiparteilicher Ebene als auch im Ständigen Ausschuss für Arbeit und Beschäftigung.
Wir beraten innerhalb des Plenums der Arbeitnehmerkammer die verschiedenen Gesetzesvorlagen, die die Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen für Arbeitnehmer und Rentner in unserem Land betreffen.
Der LCGB hat sich zu einer gewerkschaftlichen Organisation entwickelt, die ihren Mitgliedern Serviceleistungen anbietet, und in diesem Jahr die Marke von 43.500 Mitgliedern überschritten hat.
Die Idee und der Erfolg überzeugen, aber die derzeitige Situation ist bei weitem nicht perfekt.
Die Gesundheitskrise, die wir seit dem ersten Quartal dieses Jahres erleben, hat zu einer Wirtschaftskrise mit schwerwiegenden Folgen für die Beschäftigten geführt. Konkret handelt es sich um die offenkundigen Probleme bei Luxair, ArcelorMittal oder der Saint-Paul-Gruppe, bei denen einer beträchtlichen Anzahl von Mitarbeitern der Verlust ihres Arbeitsplatzes droht.
Die sektorielle Tripartite in der Luftfahrt hat es ermöglicht, mit der Direktion einen Plan zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung auszuhandeln, der den Personalüberhang von 600 Arbeitsplätzen mit einer Arbeitsplatzgarantie für die betroffenen Mitarbeiter abdeckt.
Die Gewerkschaften haben unter der Verantwortung des LCGB als Wortführer erfolgreich einen Plan zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung umgesetzt, der im Wesentlichen auf Vorruhestandsregelungen und der Schaffung einer Wiedereingliederungseinheit beruht, verbunden mit einem effizienten Weiterbildungsplan, um Abgänge intern zu besetzen oder alternativ durch eine vorübergehende Personalüberlassung Arbeitsplätze zu finden.
Das Grundprinzip der Tripartite und die Anpassung des Instruments der Wiedereingliederungseinheit an andere Branchen der luxemburgischen Wirtschaft sind im Übrigen langjährige Forderungen des LCGB. Dies ist uns dank des Engagements der zuständigen Regierungsminister und der unermüdlichen Unterstützung durch die Luxair-Mitarbeiter zum ersten Mal außerhalb der Stahlindustrie gelungen.
Zu Redaktionsschluss dieses Artikels war eine endgültige Lösung auf Ebene der Stahltripartite noch nicht in Sicht, aber die Zahl der Stellenkürzungen konnte bereits erheblich reduziert werden.
In beiden Dossiers, ob in der Luftfahrt oder der Stahlindustrie, muss nicht nur die Existenz der Beschäftigten, sondern die Nachhaltigkeit ihrer Arbeitsplätze durch ehrgeizige Investitionspläne innerhalb der verschiedenen Unternehmen gesichert werden.
Unauffälliger aber nicht weniger bedenklich als die „großen Themen“ ist die Entwicklung der beträchtlichen Anzahl an Arbeitnehmer, die täglich in die LCGB Info-Center kommen.
Arbeitsplatzverluste durch Konkurse, Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen, Verzögerungen bei der Gehaltszahlung sind heute noch mehr als vor der Gesundheitskrise Gegenstand der Gespräche mit unseren gewerkschaftlichen Beratern.
Der LCGB und seine Mitarbeiter setzen sich täglich dafür ein, den betroffenen Arbeitnehmern zu helfen, sie zu unterstützen und ihnen mit unserem Rat und, falls erforderlich, Rechtsbeistand zur Seite zu stehen.
Wenn sich die Situation noch weiter verschlechtert, werden zweifellos erhebliche Anstrengungen erforderlich sein, um Lösungen für die Betroffenen zu finden, um Arbeitslosigkeit und eine echte soziale Krise nicht nur in unserem Land, sondern in der gesamten Großregion zu verhindern.
Die nationale Tripartite wird daher über die Wiederbelebung von gemeinnützigen Arbeiten für Langzeitarbeitslose, die Verlängerung der Kurzarbeit und eine Verbesserung des Arbeitslosengeldes für alle Arbeitssuchenden, einschließlich der als Kurzarbeiter registrierten Personen, zu entscheiden haben. Die Regierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und gemeinsam mit den Sozialpartnern die erforderlichen Lösungen finden, um Vollbeschäftigung zu garantieren und eine echte soziale Katastrophe zu vermeiden.
Der LCGB wurde 1921 gegründet, um sich für eine gerechtere und sozialere Welt einzusetzen. Im Jahr 2021 wird seine Daseinsberechtigung wichtiger denn je sein. Unsere gewerkschaftliche Organisation hat gezeigt, dass sie sich weiterentwickeln und anpassen kann, um den Beschäftigten und ihren Familien die richtigen Antworten zu geben.
Der Mensch steht stets im Mittelpunkt unseres Engagements – 1921, 2021, und dies auch weiterhin in diesem 21. Jahrhundert.
Patrick Dury
LCGB-Nationalpräsident
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