Editorial „Soziale Fortschrëtt“: Frontalkollision

Der 61. Nationalkongress des LCGB, welcher am 8. Februar 2025 stattfand, war ein enormer Erfolg. Der Tätigkeits- und Finanzbericht wurden einstimmig angenommen und mit dem Aktionsprogramm und den Kongressresolutionen wurde die nächste Mandatsperiode vorbereitet.

In diesem Zusammenhang möchte ich den Delegierten des Kongresses noch einmal für ihr Vertrauen und ihre Unterstützung danken, auf denen mein Engagement als Nationalpräsident unserer Gewerkschaftsorganisation beruht.

Unser Nationalkongress fand vor dem Hintergrund eines grundlegenden Wandels in der Regierungspolitik statt.

In diesem Fall geht es darum, dass der Arbeitsminister das Recht repräsentativer Gewerkschaftsorganisationen, Kollektivverträge auszuhandeln und abzuschließen, in Frage stellt, und weiter um die erklärte Absicht, bestimmte wesentliche Themen aus dem Inhalt von Kollektivverträgen auszuschließen.

Es geht auch darum, wie die Regierung die Gespräche über eine mögliche Rentenreform führen will. Eine breite Konsultation der Öffentlichkeit, die Vielzahl der Gesprächspartner, die plötzlich zu Experten auf diesem Gebiet erklärt werden, kann nur notdürftig die tatsächliche Absicht der Regierung verbergen, die Gewerkschaften von diesem Dossier auszuschließen.

Letztendlich ist es heute offensichtlich, dass die Regierung einen echten Paradigmenwechsel auf der Ebene des Sozialdialogs vorgenommen hat. Auf die Konsultation der Sozialpartner folgt eine Entscheidung der Regierung über die Politik, die sie verfolgen will.

Diese Vorgehensweise steht dem Tripartite-Modell diametral entgegen, das auf dem Willen aller Partner beruht, an einem Thema zu arbeiten, mit dem Ziel, ein gemeinsames Ergebnis, einen Kompromiss oder einen Konsens zu erreichen.

Dieses Sozialmodell hat zu hervorragenden Ergebnissen für alle Beteiligten geführt, nicht nur für die Arbeitnehmer. Auch die Arbeitgeber haben stark davon profitiert, nicht zu vergessen der beispielhafte soziale Frieden, den unsere Wirtschaft und unser Land zu einem Markenzeichen machen konnten.

Die Regierung und vor allem der Premierminister stellen sich heute offen an die Seite einer Reihe von schon seit langem gestellten Forderungen der Arbeitgeber.

Die „Öffnung“ der Personaldelegationen für „Tarifverhandlungen“ würde unweigerlich dazu führen, dass der von den repräsentativen Gewerkschaften ausgehandelte Besitzstand in Frage gestellt wird und sich die Arbeits- und Lohnbedingungen der Beschäftigten im Privatsektor massiv verschlechtern.

Darüber hinaus muss die Nachhaltigkeit unseres Rentensystems durch alternative Finanzierungsquellen, wenn nicht gar durch eine Erhöhung der Beiträge gestärkt werden. Die konzertierte Aktion der Arbeitgeber und der Regierung, jegliche Diskussion über solche Wege zu verweigern, wird unweigerlich zu erheblichen Einschnitten in der Rentenversicherung für die kommenden Generationen führen.

Im Gegensatz zu diesem verheerenden Ansatz haben die Gewerkschaftsorganisationen durch die Unterzeichnung von Hunderten von Kollektivverträgen ihre Fähigkeit bewiesen, zu verhandeln, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer zu modernisieren und anzupassen, sowie ihre Fähigkeit, in Krisenzeiten tripartite Abkommen auszuhandeln, um die Existenzen der Arbeitnehmer zu sichern und unser Sozialmodell gegebenenfalls zu stärken.

Was insbesondere den Bereich der Kollektivverträge betrifft, haben die Gewerkschaften die Ankündigung des Premierministers, nach einer Unterredung mit den Präsidenten des OGBL und LCGB am 14. Januar 2025 einen Sozialtisch einzurichten, sehr positiv aufgenommen.

Die verschiedenen Äußerungen des Premierministers, insbesondere auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die Regierungsratssitzung vom 14. Februar 2025, bestätigen jedoch leider eine Vorgehensweise, die mit dem Wesen unseres Sozialmodells unvereinbar ist.

Der Premierminister kündigt ein letztes Mal an, er wolle ein offenes Ohr für ein ernstes Problem haben, das ihm durchaus bekannt ist, und beharrt weiterhin auf der Notwendigkeit, den Bereich der Kollektivverträge „modernisieren“ zu wollen, ohne dass eine Lösungsperspektive am Horizont zu erkennen ist.

Der Premierminister spricht immer wieder von einem Klima des gegenseitigen Respekts, das für den Sozialdialog notwendig sei, doch leider ist seine „Art“ zu handeln der Beweis für das Gegenteil, eine völlige Respektlosigkeit gegenüber den Arbeitnehmern und ihren Vertretern.

Die von der Regierung eingeleitete Politik wird unweigerlich zu einer Frontalkollision mit den repräsentativen Gewerkschaften führen.

Konfrontiert mit diesem inakzeptablen Ansatz, haben die Gewerkschaftsorganisationen OGBL und LCGB ihre Kräfte in der neuen Gewerkschaftsfront OGBL-LCGB gebündelt.

Um aus der gegenwärtigen Krise herauszukommen, muss die Regierung eine feste Zusage machen, dass die geplante Reform der Kollektivverträge auf keinen Fall das Prinzip in Frage stellen wird, dass die Kollektivverträge von den Gewerkschaften mit nationaler oder sektoraler Repräsentativität ausgehandelt und unterzeichnet werden, noch dass der Inhalt der Kollektivverträge durch eine solche Reform ausgehöhlt werden wird.

Im Übrigen fordern wir eine Rückkehr zu unserem Tripartite-Modell, dies insbesondere im Hinblick auf die notwendigen und unerlässlichen Diskussionen, um die Lebensfähigkeit und den Fortbestand unserer sozialen Sicherheit zu gewährleisten.

Andernfalls sind die in der Gewerkschaftsfront OGBL-LCGB zusammengeschlossenen Gewerkschaftsorganisationen entschlossen, alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Interessen der Arbeitnehmer dieses Landes zu verteidigen.

Es ist an der Zeit für gemeinsame Aktionen, Engagement und Solidarität und dies weit über die für den 28. Juni angekündigte große nationale Demonstration hinaus.

Patrick DURY
Nationalpräsident des LCGB

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