Am 4. und 5. März 2025 trafen sich die Mitgliedsorganisationen des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) erneut in Brüssel im Rahmen der Sitzung des Exekutivausschusses. Das Treffen fand zu einem für Europa und die europäische Gewerkschaftsbewegung entscheidenden Zeitpunkt statt, vor dem Hintergrund besorgniserregender Entwicklungen sowohl auf dem europäischen Kontinent als auch jenseits des Atlantiks.
Angesichts der Veränderungen, die sich seit Anfang des Jahres unaufhörlich häufen, scheint Europa immer tiefer in eine Krise zu geraten. Es befindet sich nun an einem Scheideweg, was seine politische Ausrichtung und Zukunft in den kommenden Jahren entscheidend beeinflussen wird. Die Herausforderungen sind vielfältig, sowohl in wirtschaftlicher, politischer, sozialer und geopolitischer Hinsicht. Diese Veränderungen erfordern natürlich auch eine neue Handlungsstrategie der europäischen Gewerkschaften.
Insbesondere die jüngsten Initiativen der Europäischen Kommission zur Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit durch Vereinfachung und Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen haben zu heftigen Diskussionen geführt. Nach Ansicht des EGB besteht die Gefahr, dass die EU den Weg der Deregulierung einschlägt, was die Arbeitnehmerrechte ernsthaft gefährden würde. Zu den zahlreichen Entscheidungen und Positionen, die auf dem Treffen diskutiert und verabschiedet wurden, gehörte unter anderem ein Beschluss zum 28. Rechtsregime, einer neuen europaweiten Rechtseinheit, die wahrscheinlich mehrere Rechtsbereiche umfassen wird, darunter Gesellschaftsrecht, Vollstreckungsrecht, Insolvenzrecht, Finanzmarktrecht, Steuerrecht und Arbeitsrecht. Dieses Rechtsregime würde es somit bestimmten Unternehmen ermöglichen, außerhalb des nationalen Arbeitsrechts zu operieren, was die Gewerkschaften strikt ablehnen. Im Kontext der Deregulierung hat der EGB eine Position zur elektronischen Entsendeerklärung verabschiedet, ein weiteres beunruhigendes Beispiel für die von der Kommission und der Unternehmenslobby propagierte Vereinfachung. Auch hier geht es darum, den angeblich hohen Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu reduzieren. Der EGB – der im Übrigen vor der Ausarbeitung dieses Vorschlags nicht konsultiert wurde – betont, dass dieser Vorschlag dem Sozialdumping und dem unlauteren Wettbewerb Tür und Tor öffnen könnte.
In einer Zeit, in der der soziale Dialog sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene immer wieder auf die Probe gestellt wird, hat auch der EGB auf der Sitzung seines Exekutivausschusses eine Resolution zum Wiederaufbau des sozialen Dialogs verabschiedet. Der Pakt für den europäischen sozialen Dialog, der am 5. März 2025 von der Europäischen Kommission, dem EGB, BusinessEurope, SGI Europe und SMEunited unterzeichnet wurde, ist ein erster Schritt zur Wiederherstellung des europäischen sozialen Dialogs. Ziel dieses Paktes ist es, die Rolle der Sozialpartner bei der Gestaltung der Arbeitsmarkt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik zu stärken. Nachdem die Verhandlungen über ein Arbeitsprogramm der europäischen Sozialpartner gescheitert sind, bleibt nur zu hoffen, dass ein Neuanfang möglich ist und dass die Arbeitgeber und die Kommission endlich ihre Versprechen einhalten. Es ist an der Zeit, den schönen Worten, die nur auf dem Papier stehen, Taten folgen zu lassen. Um die sozialen Errungenschaften und das europäische Sozialmodell zu erhalten, sind konkrete Maßnahmen und ein starkes Engagement aller Parteien, die den Pakt unterzeichnet haben, erforderlich. In den kommenden Monaten werden die europäischen Sozialpartner zusammenkommen, um das nächste Arbeitsprogramm zu besprechen. Auch hier kann man nur hoffen, dass die Verhandlungen nicht wie beim letzten Arbeitsprogramm in einem Scheitern enden werden.
Die europäische Gewerkschaftsbewegung befindet sich in einer schwierigen Phase, die eine neue Aktionsstrategie erfordert. Die Halbzeitkonferenz im Mai in Belgrad, die ebenfalls auf der Tagesordnung des Exekutivausschusses stand, wird daher ein idealer Zeitpunkt sein, um sich auszutauschen und über neue Strategien in der aktuellen Situation, die große Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben wird, zu diskutieren.
Weitere Themen des Treffens waren eine Resolution zur Verteidigung der Rechte von Arbeitnehmern mit Behinderungen, ein Beschluss zum Inhalt einer Richtlinie über die Verhütung hitzebedingter Risiken am Arbeitsplatz und ein Beschluss zu künstlicher Intelligenz im Dienste der Arbeitnehmer. Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Teresa RIBERA, wurde ebenfalls zu einem Meinungsaustausch mit den Gewerkschaften eingeladen.
Luxemburg war im Exekutivausschuss durch Véronique EISCHEN, Mitglied der OGBL-Exekutive, und Katia NEVES, Beauftragte des Gemeinsamen Europäischen Sekretariats von OGBL und LCGB (SECEC), vertreten.
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