Luxemburg, den 28. November 2022 – Angesichts der schockierenden Neuigkeiten im Bereich der Sozialversicherung fordert der LCGB eine Politik im Interesse der Versicherten! Einfache und schnelle Verfahren, eine regelmäßige Anpassung an den medizinischen Fortschritt sowie effiziente und dezentralisierte Strukturen sind notwendig, um die wiederkehrenden Probleme zu lösen, mit denen die Versicherten regelmäßig konfrontiert werden. Hier die Einzelheiten:
Zugang zu Medikamenten und Behandlungen: Wegen der direkten Abhängigkeit von Belgien leiden die Versicherten unter den erheblichen Verzögerungen bei der Vermarktung innovativer Medikamente, die u. a. zur Behandlung von Patienten mit Krebs, Multipler Sklerose oder seltenen Krankheiten dienen, sowie unter immer wieder auftretenden Lieferengpässen bei den Apotheken. Hinzu kommt, dass die Rückrufaktion für Schlafapnoegeräte vor einem Jahr durchgeführt wurde, ohne dass die betroffenen Patienten über mögliche Gesundheitsrisiken durch die potentiell fehlerhaften Geräte informiert wurden. Schließlich steigt angesichts der Menge an Fällen akuter Bronchiolitis die Zahl der Krankenhauseinweisungen stetig an und in den pädiatrischen Abteilungen herrscht sowohl Bettenmangel, als auch ein Mangel an Pflegepersonal, um die betroffenen Säuglinge aufzunehmen und zu behandeln.
Digitalisierung: Es muss rasch eine nationale eSanté-Strategie festgelegt werden, um der derzeitigen Dissonanz in Bezug auf die Digitalisierung ein Ende zu setzen. Diese muss den Patienten in den Mittelpunkt stellen und die Entwicklung einer stärker personalisierten Medizin ermöglichen. In diesem Zusammenhang ist die von der AMMD entwickelte mobile DHN-Anwendung weitaus ehrgeiziger und innovativer als die Ergebnisse, die die eSanté-Agentur in den letzten zehn Jahren erzielt hat. Die Interoperabilitätsprobleme zwischen der nationalen Plattform und der DHN-Anwendung sind ein weiterer Faktor für das Scheitern, welches eng mit einem veralteten Rechtsrahmen verknüpft ist. In Bezug auf die Verzögerungen bei der Digitalisierung in den Arztpraxen stellt sich die Frage, ob die Bedingungen für die direkte Sofortzahlung ausreichend förderlich sind, um sicherzustellen, dass die Versicherten die Kosten nicht mehr vorstrecken müssen.
Kommunikation mit den Versicherten: Die telefonische Nichterreichbarkeit der Sozialversicherungsverwaltungen, die eklatanten Verzögerungen bei der Erstattung von Leistungen durch die CNS bzw. der bescheidene Start der beschleunigten Rückerstattung verschärfen die Situation von Versicherten, die krank sind oder administrative Unterstützung benötigen. Andere wiederkehrende Probleme sind die begrenzte Verständlichkeit der Briefe und die immer länger werdenden Fristen für die Übermittlung der entsprechenden Entscheidungen.
Modernisierung der Nomenklaturen: Ein bekanntes Problem ist die zu langsame Modernisierung der Nomenklaturen. Die fehlende Lösung führt zu einem unnötigen Anstieg der Gesundheitsausgaben der Versicherten, da die Preisgestaltung nicht die Realität vor Ort widerspiegelt. Die Nomenklatur der Zahnärzte ist ein Paradebeispiel dafür. Dasselbe gilt für die sehr komplizierten Verhandlungen über die Kostenübernahme für Psychotherapien, ganz zu schweigen von den Erstattungen für osteopathische Behandlungen, die seit ihrer Ankündigung im Jahr 2017 unbeachtet geblieben sind. Eine Überprüfung der derzeitigen Verfahren ist notwendig, um die Modernisierung der Nomenklaturen zu erleichtern und zu beschleunigen.
Existenzsicherung: Seit 2015 ist die Problematik der widersprüchlichen Gutachten zwischen dem Medizinischen Dienst der Sozialversicherung und der Arbeitsmedizin ungelöst. Im Jahr 2019 entschied der Kassationshof in Luxemburg den Fall zugunsten der Versicherten. Die CNS hat jedoch erst Mitte Oktober 2022 nach Intervention des LCGB beim Sozialversicherungsminister damit begonnen, diese Rechtsprechung zu respektieren. Es ist nicht hinnehmbar, dass eine Rechtsprechung mit einer solchen Auswirkung in keiner Weise respektiert wird!
Was die gesetzliche Grenze von 78 Krankheitswochen betrifft, so ist das Problem der Abmeldung von schwerkranken Versicherten immer noch eine alltägliche Realität. Aus diesem Grund wiederholt der LCGB einmal mehr seine Forderung, diese «soziale Guillotine» abzuschaffen, indem diese künstliche und ungerechte Grenze ersatzlos gestrichen wird.
Angesichts der Problematik der automatischen Abmeldung von Grenzfahrern, die die 25%-Grenze der Sozialversicherung überschreiten, bleiben die Verhandlungen über bilaterale Abkommen mit unseren Nachbarländern bis heute ohne konkrete Ergebnisse.
Ambulanter Wandel: Der immer stärker ausgeprägte Mangel an Ärzten und Gesundheitsfachkräften und die starke Ausrichtung des Gesundheitssystems auf die Krankenhausversorgung haben zu langen Wartezeiten u. a. bei MRT-Untersuchungen, Mammographien und Notfalldiensten geführt. Damit die Entwicklung der ambulanten Versorgung ihr volles Potenzial entfalten kann, ist jedoch eine echte Verlagerung von Aktivitäten vom stationären in den ambulanten Bereich erforderlich. Dazu müssen Anreize für die Entwicklung von Initiativen im spitalexternen Bereich geschaffen und ausreichende Ressourcen an Ärzten und Pflegepersonal bereitgestellt werden.
So müssen schwere Behandlungen aus Gründen der Patientensicherheit unbedingt im stationären Sektor verbleiben. Die sonstige ambulante Versorgung kann unter Einhaltung bestimmter Bedingungen in spitalexternen Strukturen erfolgen.
Der Ausbau der ambulanten spitalexternen Strukturen muss dezentral erfolgen, während der Mangel an Ärzten und Pflegefachkräften dringend durch einen nationalen Aktionsplan bekämpft werden muss.
Schlussfolgerungen: Für den LCGB müssen die Minister für soziale Sicherheit und Gesundheit alle diese Baustellen aktiv in Angriff nehmen, um sich aktiv für die Interessen der Versicherten einzusetzen durch:
- engere Beziehungen zu Belgien, um die Probleme beim Zugang zu Arzneimitteln zu beenden;
- die Festlegung einer nationalen eSanté-Strategie, die durch die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und privaten Akteuren innovative digitale Lösungen ermöglicht;
- eine schnelle und leicht verständliche Kommunikation zwischen den Verwaltungen der sozialen Sicherheit und den Versicherten;
- ein effizientes, schnelles und regelmäßiges Verfahren zur Modernisierung der Nomenklaturen;
- eine Überprüfung des gesetzlichen Rahmens, um alle Bestimmungen oder Verfahren, die der Existenzsicherung entgegenstehen, zu beenden;
- eine Verkürzung der Wartezeiten durch den Ausbau ambulanter, spitalexterner Strukturen und einen Aktionsplan zur wirksamen Bekämpfung des Mangels an Ärzten und Gesundheitsfachkräften.