Der luxemburgische Banken- und Finanzsektor geht als einer der größten Gewinner aus der Krise hervor, wenn nicht sogar als der größte in Luxemburg. Während der Gesundheitskrise und bis heute, trotz Kriegszeiten und Energiekrise, haben die Arbeitnehmer Millionen von Gewinnen erwirtschaftet. Und die Branche macht keinen Hehl daraus. Nein, ganz im Gegenteil: Millionen von Gewinnen wurden 2022 an die Aktionäre ausgezahlt!
Die Beschäftigten im Finanzsektor haben jedoch weder Dividenden noch Lohnerhöhungen aufgrund der Millionengewinnen erhalten. Ihre einzige Einkommensquelle ist in der Regel ihr Lohn, der angesichts der Preisinflation wie Schnee in der Sonne geschmolzen ist. Die Arbeitnehmer bis hin zur oberen Mittelschicht wissen nicht mehr, wie sie ihre täglichen Rechnungen bezahlen sollen, ganz zu schweigen davon, wenn sie einen Handwerker aus der Region benötigen oder den Dorfmetzger durch ihren Wocheneinkauf unterstützen wollen.
Die Energiekrise darf sich nicht zu einer wirtschaftlichen oder sozialen Krise ausweiten.
Dies muss ein Ende finden. Schon aus diesem Grund war die Beibehaltung des normalen Indexierungsmechanismus durch die Tripartite eine wesentliche Maßnahme im Kampf gegen die Krise. Die drei auf nationaler Ebene repräsentativen Gewerkschaften erkannten den Ernst der Lage und traten geschlossen in die Verhandlungen ein, um in dieser Kaufkraftkrise im Interesse aller Beschäftigten auf dem luxemburgischen Arbeitsmarkt zu handeln und sich für die Zahlung der nächsten Indextranche sowie für deren Beibehaltung und weitere Maßnahmen einzusetzen.
Als bei den Verhandlungen klar wurde, dass der Indexmechanismus in seiner derzeitigen Form beibehalten werden würde, wurden im Finanzsektor immer mehr Stimmen laut, die unter dem Deckmantel der sozialen Gerechtigkeit für die Arbeitnehmer eine Indexobergrenze forderten.
Ausgerechnet die Arbeitgeberverbände des Finanzsektors rufen bei den Löhnen nach sozialer Gerechtigkeit. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch klar, warum: Mit dem Ruf nach einer Deckelung des Indexes geht es dem Finanzsektor sicherlich nicht um Lohngerechtigkeit für seine Beschäftigten, sondern vielmehr darum, den automatischen Lohnindex auf ein Minimum zu begrenzen oder ihn auf den Mindestlohn festzunageln.
Einer der Hauptgründe, der ausländische Investoren an den Finanzplatz Luxemburg zieht, ist der soziale Frieden, der durch die automatische Anpassung des Indexes garantiert wird.
Gerade der Finanzsektor, dessen Existenz und Fortbestand noch nie so sehr durch ausländische Investitionen „von außen gesteuert“ wurde, sollte die enorme Bedeutung und Wichtigkeit der automatischen Lohnindexierung als Garant für den sozialen Frieden kennen und schätzen.
In unseren Nachbarländern wird die Preisinflation nicht auf nationaler Ebene, sondern auf Unternehmens- oder Branchenebene verhandelt. Auch dort wurden 2022 massive Lohnerhöhungen vorgenommen. Ist dies ein Zukunftsmodell für ein Land von der Größe Luxemburgs? Sollten Energiepreiserhöhungen in Zukunft auf die einzelnen Unternehmen und Betriebe abgewälzt, ausgehandelt und im Rahmen von Arbeitskämpfen und Streiks der Beschäftigten durchgesetzt werden? Es ist stark zu bezweifeln, dass dies die zukünftige Entwicklung des Finanzplatzes Luxemburg fördern würde.
Der Index ist kein Instrument der sozialen Gerechtigkeit. Kollektivverträge, Steuertarife und Lohntabellen sind es, nicht der Index.
Der Index ist kein Instrument der sozialen Gerechtigkeit. Er ist ein rein mathematisches Instrument, das den Verlust der Preisinflation automatisch an die Löhne anpasst. So bleiben die Löhne proportional zur Preisinflation.
Der Index wird brutto berechnet und ist steuerpflichtig. Das steuerliche Gleichgewicht und die Abgaben einer Indexstufe an den Staat werden somit auch im gleichen Maße sowohl vom Einzelnen als auch vom Arbeitgeber getragen. Der Nettoanteil einer Indexstufe, der dem Einzelnen verbleibt, wird also über die Lohnsteuertabelle geregelt. Es besteht kein Zweifel, dass hier Lohnungerechtigkeiten bestehen, und deshalb fordern die auf nationaler Ebene repräsentativen Gewerkschaften, dass die Steuertabellen insgesamt von der Politik im Sinne einer größeren sozialen Gerechtigkeit überarbeitet werden.
Diejenigen im Finanzsektor, die in Zeiten der Krise für eine Reform des Index plädieren, kämpfen im falschen Kampf, denn sie setzen auf die Aktionäre, nicht die Arbeitnehmer!
Eine Obergrenze oder eine andere Manipulation des Index ist in Krisenzeiten nicht der richtige Ansatz. Dies als Lösung für die Probleme darzustellen, ist rein populistisch und entspricht nicht der Realität. Denn das Ziel der Deckelung ist nicht Lohn- oder soziale Gerechtigkeit, sondern führt ausschließlich zu einem Rückgang der normalen Löhne und der Kaufkraft.
Außerdem: Wo würde man eine solche Deckelung ansetzen? Unabhängig davon würde sie die Gesellschaft weiter spalten und den sozialen Frieden gefährden.
Oft wird behauptet, dass eine Obergrenze den Geringverdienern zugute käme. Diese Annahme ist jedoch leider falsch. Der Betrag, den die Arbeitgeber durch eine Deckelung des Index einsparen würden, würde nicht an die Geringverdiener weitergegeben, sondern die Gewinne der Unternehmen und Aktionäre erhöhen, so dass es nur einen Verlierer gäbe: die Arbeitnehmer.
Für die beiden national repräsentativen Gewerkschaften OGBL und LCGB war klar, dass am Indexmechanismus festgehalten werden sollte. Nach über 30 Stunden oft schwieriger Verhandlungen konnte sich die Tripartite am 20. September 2022 schließlich auf ein Maßnahmenpaket einigen, das vor allem darauf abzielt, die Inflation zu bremsen und die Haushalte vor dem Hintergrund der Energiekrise und der Kaufkraftkrise zu unterstützen.
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