Auch die luxemburgische Arbeitswelt bleibt von Mobbing sowie sexueller und anderen Formen der Belästigung nicht verschont. In diesem Kontext sprach der LCGB mit Mobbingopfern der Reinigungsbranche, um mit Ihren Erfahrungsberichten (durch die Redaktion anonymisiert) für das Thema Mobbing zu sensibilisieren.
SF: Erinnern Sie sich an die ersten Vorkommnisse, bei denen Sie sich gemobbt fühlten?
Claudia: Angefangen hatte alles mit meinem Urlaubsantrag, den mein Vorgesetzter ablehnte. Ich fragte nach den Gründen, und sofort hob er seine Stimme und ignorierte, alles was ich sagte oder fragte. Da merkte ich auch, dass der Vorgesetzte leider mit allen das Gleiche machte. Er hat einen etwas speziellen Charakter.
SF: War diese Urlaubsverweigerung ein Einzelfall?
Claudia: In den 2 Jahren, die ich in der Firma arbeite, hatte ich bisher nur einen längeren Urlaub, alles andere wurde verweigert. Am Anfang war mein Vorgesetzter nicht unbedingt unhöflich, aber er war sehr direkt und aggressiv in seiner Art zu sprechen oder in der Art, wie er den Urlaub handhabte. Ich musste die ganze Zeit hinter ihm sein, um eine Antwort zu bekommen. Selbst 2 Tage vorher wusste ich nicht, ob der Urlaub genehmigt oder abgelehnt wurden. Ich habe dann darauf bestanden, eine Antwort auf die Anfrage zu bekommen. Ein sehr direkter Austausch per SMS führte schließlich dazu, dass ich den akzeptierten Urlaubsantrag am nächsten Tag in meinem Fach hatte.
SF: Waren Sie besorgt, dass Ihre Arbeitskollegen ebenfalls ein solches Verhalten ertragen müssen?
Claudia: SCHLIMMER! Bei anderen war es noch schlimmer. Da ich die Einzige war, die ihm Kontra gab, war er bei den anderen Mitarbeitern noch schlimmer. Ich habe ihm immer klar und nüchtern geantwortet, dadurch hat er sich etwas beruhigt, aber viele Mitarbeiter in der Firma behalten nicht die Nerven und fangen an zu weinen.
SF: Haben Sie irgendwann einmal daran gedacht, sich einfach krank zu melden, um diesen Stresssituationen zu entgehen?
Claudia: Nein, obwohl ich schon gesundheitliche Probleme hatte, vor allem Rückenprobleme, aber gerade deshalb hatte ich Urlaub angefragt. Ich brauchte einfach den Urlaub, um mich zu erholen. Ich war bereits psychisch und physisch am Limit, und auf eine Antwort warten zu müssen, ob ich endlich eine Auszeit bekäme, war der letzte Tropfen auf den heißen Stein. Aber ich kenne noch andere Fälle, wie zum Beispiel den eines Mitarbeiters, der in einem Monat medizinisch behandelt werden musste und den Vorgesetzten darüber informierte. Der Vorgesetzte sagte ihm: Nicht jetzt, denn ich habe niemanden für die Arbeit, Sie müssen bleiben. Er musste bis zum darauffolgenden Monat warten. Bei all dem Druck, hatte der Mitarbeiter keine andere Wahl, als der Anweisung des Vorgesetzten nachzukommen und weiterzuarbeiten. Eine Krankschreibung war keine Option.
SF: An wen haben Sie sich danach gewandt, damit sich die Situation verbessert?
Claudia: Ein Kollege von mir kannte jemanden in der Gewerkschaft, der mich an die für mein Unternehmen zuständige Person beim LCGB verwies. Leider gibt es in meiner Firma keine Personaldelegation.
SF: Wie hat Ihnen der LCGB geholfen?
Claudia: Der Vorgesetzte nutzte die Anwesenheitsprämie als Druckmittel, indem er drohte, diese nicht zu zahlen. Durch einen ersten Kontakt mit dem LCGB wurde zunächst dieses Problem geklärt. Dies nahm allen Mitarbeitern in meinem Unternehmen den Druck, auch wenn es keinen direkten Zusammenhang mit meinen Problemen gab. Seitdem die Sache mit der Prämie geklärt ist, hat mein Vorgesetzter praktisch kein Wort mehr mit mir gesprochen, und das wenige, was er tat, war einfach nur Unsinn. Allerdings haben sich viele Mitarbeiter bei mir bedankt, dass ich etwas unternommen habe, um die Sache mit der Prämie zu klären. Vorher haben sie nie eine Prämie erhalten. Ich sagte ihnen, dass nicht ich es war, sondern die Gewerkschaft das geklärt hätte. Dennoch haben sie immer noch Angst, zum LCGB zu gehen, wegen der Reaktion des Vorgesetzten. Die Firma hat viel Geld gespart, dadurch, dass sie keine Prämie gezahlt hat, und ist jetzt in großen Schwierigkeiten. Die Art und Weise der Kommunikation hat sich verschlechtert. Meine Kollegen sprechen jetzt lieber mit mir, weil ich den Kopf vor dem Vorgesetzten nicht in den Sand gesteckt habe.
SF: Haben Sie irgendwelche Tipps für andere Arbeitnehmer, die mit Mobbing konfrontiert sind?
Claudia: Die Menschen sollten sich zunächst über ihre Rechte informieren, damit sie diese einfordern können. Bevor Sie reden und diskutieren, müssen Sie sich informieren. Lassen Sie sich helfen, damit alle Punkte richtig gelöst werden können und wenden Sie sich natürlich an eine Gewerkschaft.
SF: Möchten Sie zum Schluss noch etwas mit auf den Weg geben?
Claudia: Ich habe schon in anderen Ländern und in Luxemburg in einem anderen Unternehmen gearbeitet, und ich hatte noch nie solche Probleme. Mein Vorgesetzter schreit wegen allem und jedem. Viele gehen mit einem mulmigen Gefühl zur Arbeit, da sie nicht wissen, was sie erwartet. Ich fühlte mich sehr schlecht, wenn ich meine Kollegen weinend in der Ecke stehen sah, weil sie nicht den Mut hatten, etwas zu tun. Also habe ich etwas getan.
Zurück zur Übersicht