Am 9. Oktober 2020 traf der LCGB, Mehrheitsgewerkschaft im luxemburgischen Transportsektor, den Minister für soziale Sicherheit sowie Vertreter des „Centre Commun de la Sécurité Sociale“ und des Mobilitätsministeriums, um die Auswirkungen der europäischen Verordnung 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu erörtern.
Diese Regelung sieht vor, dass ein Arbeitnehmer, der einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit (mindestens 25%) in seinem Wohnsitzland ausübt, auch den Rechtsvorschriften des Wohnlandes unterliegt und dort sozialversichert sein muss. Verübt der Arbeitnehmer weniger als 25% seiner Tätigkeit in seinem Wohnsitzland und ist er nur bei einem einzigen Unternehmen beschäftigt, gelten die Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz oder Niederlassung hat.
Für einen im internationalen Transportsektor tätigen Arbeitnehmer, der vor dem 1. Mai 2010 eingestellt wurde und dessen persönliche Situation sich in der Zwischenzeit nicht geändert hat, blieben die Bestimmungen der alten Verordnung für 10 Jahren anwendbar, d.h. er war im Land des Sitzes des Arbeitgebers versichert sofern er nicht überwiegend in seinen Wohnsitzland tätig war. Diese Ausnahmeregelung lief am 30. April 2020 inmitten der Gesundheitskrise COVID-19 aus.
Seitdem hat es in Luxemburg jedoch viele Missbräuche gegeben. So zwingen einige Unternehmen ihre Fahrer, eine Änderung ihres Arbeitsvertrags zu unterzeichnen, um so die Gesetzgebung ihres Wohnsitzlandes und somit auch der entsprechende lokale Kollektivvertrag anzuwenden, einschließlich höherer Sozialversicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer. Mehr als 800 Beschäftigte, d.h. etwa 10% der Mitarbeiter des Sektors, sind potenziell von diesem Problem betroffen.
Anlässlich einer Pressekonferenz am 9. Juli 2020 hatte der LCGB dieses Vorgehen bereits angeprangert, da es in unredlicher Weise darauf abzielt, die Arbeits- und Lohnbedingungen der Fahrer erheblich zu verschlechtern. Wenn der Arbeitnehmer eine solche Änderung unterschreibt, könnte sein Nettogehalt um fast die Hälfte reduziert werden.
Das LCGB hat sich daher bemüht, die wichtigsten Akteure der Regierung auf diese Missbräuche aufmerksam zu machen, die dem ursprünglichen Ziel der europäischen Regelung zuwiderlaufen: der Bekämpfung des Sozialdumpings innerhalb der Europäischen Union durch die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Um dieses Problem zu lösen, forderte der LCGB bilaterale Abkommen für Ausnahmeregelungen für unsere drei Nachbarländer, wie es Artikel 16 der Verordnung vorhersieht. Eine solche Ausnahmeregelung gilt bereits für die Beschäftigten in der Rheinschifffahrt.
Der Minister für soziale Sicherheit betonte seine Absicht, diesbezüglich mit seinen französischen, belgischen und deutschen Amtskollegen sowie mit dem EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, Nicolas SCHMIT, Kontakt aufzunehmen.
Der LCGB wird seine Bemühungen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene im strikten Interesse aller Beschäftigten im Transportsektor fortsetzen.
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