An diesem Donnerstag tritt das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, CETA provisorisch in Kraft (“provisional application”). CETA wurde zwar im Europaparlament verabschiedet, die nationalen Parlamente haben dem Abkommen jedoch noch nicht zugestimmt bzw. haben in der überwiegenden Zahl noch nicht einmal mit ihren Debatten begonnen.
Dabei ist es wohl dem Druck der Zivilgesellschaft zu verdanken, dass die nationalen Parlamente überhaupt eingebunden werden, denn die EU-Kommission hatte ursprünglich vorgesehen, diese zu übergehen. Fakt ist: jene Teile des Abkommens, die gemäß EU-Verträgen ohne Parlamente umgesetzt werden können, treten nun in Kraft. Die wichtigen Aspekte der Schiedsgerichte und des Investorenschutzes (also die Rechte der Konzerne) erfordern aber die Zustimmung der nationalen Parlamente. Verweigert ein Parlament diese Zustimmung, gilt das Freihandelsabkommen als gescheitert (auch wenn scheinbar unklar ist, wie genau diese Aufhebung bei einem bereits umgesetzten Abkommen erfolgen soll).
Es ist absolut beschämend, dass wichtige Elemente von CETA ohne die Zustimmung der gewählten Vertreter der verschiedenen Länder in Kraft treten können, somit werden de facto die nationalen Parlamente in wichtigen Fragestellungen übergangen. Denn CETA birgt grundsätzlich erhebliche Probleme. So stellt auch eine, vor kurzem veröffentlichte, Studie von französischen Wissenschaftlern, die von der Regierung Macron in Auftrag gegeben wurde, fest, dass CETA den Umweltbereich ungenügend behandelt, das Abkommen keine zwingende Verpflichtungen im Klimaschutzbereich vorsieht und ein erhöhter Handel eine automatische Erhöhung des Ausstoßes von Treibhausgasen zur Folge hätte. Im Landwirtschaftsbereich verweist der Bericht auf die weniger strengen Anforderungen Kanadas für Pestizide und GMOs. CETA sieht keine Voraussetzungen vor zum Übergang zu einer ökologischen Landwirtschaft. Weiter wird bemängelt, dass CETA das Vorsorgeprinzip nicht ausreichend berücksichtigt, es nicht einmal ausdrücklich im Abkommen erwähnt und somit wesentliche Aspekte des Verbraucherschutzes aushebelt[1].“
Seit langem ist auch bekannt, dass CETA aus sozialer Sicht usw. ebenfalls höchst problematisch ist. Insofern ist CETA ein Abkommen, das heftigst von der europäischen und kanadischen Zivilgesellschaft, aber auch von der Wissenschaft, kritisiert und als untragbar eingestuft wird.
Nicht akzeptabel ist zudem der sogenannte Investorenschutz, wie er in CETA geregelt ist, der nunmehr noch in den nationalen Parlamenten zur Debatte steht. Zur Erinnerung: Investoren sollen das Recht erhalten, Länder und de facto gewählte Volksvertreter vor umstrittene Schiedsgerichte zu zitieren, da sie Regularien einer Regierung im Sinne der Allgemeinheit nicht akzeptieren, um nur dieses Beispiel zu nennen.
Derartigen Bestimmungen dürfen die nationalen Parlamente in ihren anstehenden Voten nicht zustimmen. Sie stellen unser ganzes Rechtssystem in Frage und bevorteilen die Rechte der Investoren und Konzerne gegenüber BürgerInnen und der Allgemeinheit. „Auch der Bericht der französischen Wissenschaftler bemängelt, dass das Abkommen hierzu „nicht alle Unsicherheiten und Zweideutigkeiten aus dem Weg räumt“. Er warnt vor einer „unkontrollierten Anwendung“ des vorgesehenen Schiedsgerichtes, der die normative Befugnis der Regierungen einschränken könnte“.
Die nationalen Parlamente – und auch das luxemburgische – sind aufgefordert, sich gegen diese undemokratische Herangehensweise und das Aushebeln unseres Gesellschaftsmodells zu stellen und den Mut aufzubringen, CETA abzulehnen!
Somit wären sie auch indirekt die Unterstützer einer neuen Generation von Handelsverträgen, die von immer mehr Menschen eingefordert werden.
CETA ist ein überaltetes Freihandelsabkommen, das die heutigen Herausforderungen negiert bzw. verschlimmert (cf Klimathematik) und definitiv kein Wegbereiter für einen sozialen und ökologischen Handelsvertrag und Weltmarkt ist!
CETA sollte ein Weckruf für die politischen Verantwortlichen und uns alle sein, die heutige unfaire und unökologische Handelspolitik zu überdenken und neu zu gestalten. Die Rechte der Allgemeinheit dürfen nicht länger jenen von Investoren und Großkonzernen untergeordnet sein – diese veraltete Weltmarktpolitik darf durch CETA nicht weiter zementiert werden; im Gegenteil: neue Formen sollen bewusst von allen Regierungen und Parlamenten eingefordert werden!
Action Solidarité Tiers Monde,
Aleba,
Bio-Lëtzebuerg – Vereenegung fir Bio-Landwirtschaft Lëtzebuerg asbl,
Caritas Luxembourg,
Cercle de coopération des ONG de développement,
CGFP,
Comité Stop TAFTA Luxembourg,
Fairtrade Lëtzebuerg a.s.b.l,
FGFC,
FNCTTFEL,
Greenpeace Luxembourg,
LCGB,
Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren a.s.b.l.,
Mouvement Ecologique,
natur&ëmwelt a.s.b.l.,
OGBL,
Syprolux,
Union luxembourgeoise des consommateurs
[1] Quelle: Le Monde, 15. September 2017
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