Am 20. Juli 2016 hat die Europäische Kommission die sogenannte „gelbe Karte“ abgelehnt, die von elf Mitgliedsländern gegen die Reform der Arbeitnehmerentsenderichtlinie gezückt wurde. Sie erteilt damit eine klare Zusage zur Überarbeitung der Arbeitnehmerentsenderichtlinie.
Der LCGB begrüßt diesen Beschluss und sieht eine Überarbeitung dieser Richtlinie als dringend notwendig an, um den Grundsatz des „gleichen Lohnes für gleiche Arbeit“ in Europa zu fördern.
Marianne THYSSEN, EU-Kommissarin für Beschäftigung und Soziales, hatte dem Kollegium der EU-Kommissare angekündigt, dass sie nicht die Absicht habe, ihren Vorschlag bezüglich der Entsendung von Arbeitnehmern zu ändern oder zurückzunehmen. Die Herausforderung bestehe in der Begrenzung des Sozialdumpings, indem den entsendeten Arbeitnehmern die gleichen Rechte, u.a. Lohnrechte, wie den Arbeitnehmern des Aufnahmelandes zugestanden werden.
Elf Mitgliedsländer der Europäischen Union (zehn in Osteuropa und Dänemark) haben im Mai vergangenen Jahres die sogenannte „gelbe Karte“ gezogen, um die Europäische Kommission zum Rückzug zu bewegen. Diese Länder sind der Meinung, dass die Entsendung von Arbeitnehmern auf nationaler Ebene und nicht auf europäischer Ebene gehandhabt werden sollte.
Aufgrund dieses Verfahrens, musste die Kommissarin ihren Vorschlag überdenken. Zwei Monate später hält Marianne THYSSEN schlussendlich ihren Text und dessen Geist aufrecht: Arbeitnehmer, die die gleiche Arbeit auf gleichem Hoheitsgebiet ausführen, müssen den gleichen Lohn erhalten.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
Die einer Direktive von 1996 unterworfene Entsendung erlaubt einem europäischen Unternehmen die zeitweilige Entsendung von Arbeitnehmern in ein anderes EU-Land, wobei für den entsandten Arbeitnehmer die Grundsätze des Mindestlohns und der Arbeitsbedingungen des Gastlandes gelten, er aber weiterhin dem Sozialsystem des Herkunftslandes angeschlossen ist.
Diese Grundsätze werden hingegen Tag für Tag in ganz Europa von nicht sehr gewissenhaften Arbeitgebern mit Füßen getreten. Sie missbrauchen das Entsendungssystem zur Maximierung ihrer Profite zum Nachteil der Arbeitnehmer: keine Anmeldung bei der Sozialversicherung, weitaus geringe Netto-Löhne als der Mindestlohn, Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeiten, unannehmbare Unterbringungen…
Das Prinzip der Lohngleichheit wurde ebenfalls durch eine Reihe von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in Frage gestellt, u.a. in den berühmten Rechtsstreiten Laval und Viking, die die derzeitige Richtlinie abschwächen.
Der LCGB sieht die Überarbeitung der Entsendungsrichtlinie als dringend notwendig an und zwar sowohl im Interesse der Arbeitnehmer, insbesondere der entsendeten Arbeitnehmer, sowie im Interesse der ehrlichen Arbeitgeber.
Was wird bei der Überarbeitung vorgeschlagen?
Das Vorhaben der Kommissarin THYSSEN (das von Frankreich, Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg, Schweden und den Niederlanden unterstützt wird), die Richtlinie abzuändern, sieht vor, dass entsendete Arbeitnehmer sämtliche Aspekte der Entlohnung, die im Entsendungsland gelten, in Anspruch nehmen dürfen, mit anderen Worten, einschließlich sämtlicher eventueller Prämien. Es wird somit die Logik der einfachen Einhaltung des Mindestlohnes überschritten. Auch die Vorteile, die mittels Kollektivabkommen gewährt werden, müssen den entsendeten Arbeitnehmern zugutekommen.
Arbeitgeber, die entsendete Arbeitnehmer über Arbeitsvermittlungsfirmen in Anspruch nehmen, sind in dem Fall ebenfalls verpflichtet, diesen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Angestellten angedeihen zu lassen. Im Entwurf wird auch der Begriff der „zeitweiligen Entsendung“, die sich auf zwei Jahre beschränkt, definiert.
Entsendete Arbeitnehmer sind für den LCGB keine Arbeitnehmer zweiter Klasse. Durch die Überarbeitung der Entsendungsrichtlinie muss der Ausbeutung von Arbeitnehmern Einhalt geboten werden. Ferner muss der Grundsatz, dass alle Vergütungsvorschriften, die einem lokalen Arbeitnehmer gewährt werden, ebenfalls einem entsendeten Arbeitnehmer zuteil werden.
Wie geht es weiter?
Am 20. Juli 2016 wies EU-Kommissarin THYSSEN, die Initiative der elf Mitgliedsländer zurück und beschloss ihren Vorschlag aufrechtzuerhalten, was hingegen nicht bedeutet, dass dieses Vorhaben einfach über die Bühne gehen wird.
Der Vorschlag muss nämlich durch das Europaparlament und den EU-Ministerrat angenommen werden. Eine qualifizierte Mehrheit (55 % der Länder mit 65 % der Gesamtbevölkerung) ist erforderlich, um das Sozialdumping einzudämmen.
Der LCGB besteht darauf, dass dieses Gesetzgebungsverfahren die nationalen Systeme der Kollektivverhandlungen und der Festlegung der Löhne berücksichtigt und garantiert, und fordert die luxemburgische Regierung dazu auf, die Überarbeitung der Richtlinie weiterhin zu unterstützen.
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